
Nun wird die MPU ab 1,1 Promille angeordnet. So oder so ähnlich lauten die Schlagzeilen der letzten Monate. Was es damit auf sich hat und was dies für Betroffene bedeutet, erläutere ich in diesem Beitrag.
Wie die MPU-Anordnung bei Alkohol bisher aussah
Bis zum März 2021 gab es zwei verschiedene Möglichkeiten, eine MPU wegen Alkohol angeordnet zu bekommen. Die zuständigen Behörden konnten entweder bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit 1,6 Promille oder mehr veranlassen oder bei mindestens zwei Alkoholfahrten, welche zwischen 0,5 und 1,09 Promille lagen.
Wie erkennbar ist, bedeutet dies, dass es eine Lücke gibt, welche sich zwischen 1,1 und 1,59 Promille erstreckt, die weder sofort zu einer MPU führt, noch niedrig genug ist, um sie als eine von zwei Alkoholfahrten zu zählen, welche erst bei einer Wiederholung zu einer MPU führen. Eine direkte Anordnung zur MPU ab 1,1 Promille wurde daher oft nur dann verlangt, wenn weitere Auffälligkeiten auftraten, die relevant für die Fahreignung waren.
Neues Urteil - MPU ab 1,1 Promille auch ohne Ausfallerscheinungen
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat im März 2021 entschieden, dass eine medizinisch psychologische Untersuchung ab 1,1 Promille erfolgen kann, selbst, wenn keine Ausfallerscheinungen vorliegen. Dies bedeutet, dass nun keine weiteren Auffälligkeiten auftreten müssen, damit die zuständige Behörde eine MPU verlangen kann.
Interessant bei diesem Urteil ist, dass dieses nicht zustande kam, weil eine Behörde einen Antrag gestellt hatte, sondern weil ein Autofahrer gegen den eigenen MPU-Bescheid vorgehen wollte. Da dieser sich darauf bezog, dass er keine Ausfallerscheinungen hatte und somit in der Lage war, sein Fahrzeug sicher zu führen. Doch genau hier liegt das Problem
Ausfallerscheinungen

Beim Alkoholkonsum treten bestimmte Auffälligkeiten auf, die sich auf den Körper und die Psyche auswirken. Hat man also zu viel Alkohol getrunken, führt dies etwa zu verzerrter Wahrnehmung und einer Einschränkung der motorischen Fähigkeiten. Je stärker der Trunkenheitszustand ist, umso größer sind auch diese auftretenden Ausfallerscheinungen.
Hat nun jemand keine oder nur geringfügige Ausfallerscheinungen, selbst wenn der Alkoholkonsum relativ hoch war, könnte man den Eindruck bekommen, dass dies weniger problematisch ist, als ein volltrunkener Verkehrsteilnehmer. Dies sehen jedoch die Behörden und die MPU-Gutachter anders:
Konsum neben dem Delikt
Wird eine MPU veranlasst, geht es dabei nicht nur um das Delikt bzw. die Delikte, welche zu der Anordnung geführt haben. Auch geht es um das generelle Verhalten, zu welchem auch der Alkoholkonsum gehört.
Hat man also bei vergleichsweise kleinen Promillewerten, hohe Ausfallerscheinungen, deutet dies darauf hin, dass man grundsätzlich weniger Alkohol konsumiert. Andersherum kann eine hohe Alkoholtoleranz nur daher stammen, dass man regelmäßig und in hohen Mengen konsumiert.
Zu diesem Schluss kommen auch die Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie und Verkehrsmedizin, welche die Beurteilungskriterien festlegen, anhand welcher medizinisch psychologische Untersuchungen stattfinden. Daher schließen, auch von wissenschaftlicher Seite aus, fehlende Ausfallerscheinungen eine Fahruntüchtigkeit nicht aus.
Fazit
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil genau die Punkte bestätigt, welche von den MPU-Gutachtern und Behörden aufgeführt wurden. Somit sind nun auch Anordnungen zu einer medizinisch psychologischen Untersuchung möglich, wenn es sich um eine einmalige Alkoholfahrt handelt, welche zwischen 1,1 und 1,59 Promille liegt, selbst, wenn keine Ausfallerscheinungen nachweisbar sind.